Denkformen

Denken wird oft mit begrifflichem Denken gleichgesetzt, mit der kreativen Verkettung von Begriffen. Aber auch andere kreative Verkettungen sind Formen des Denkens. Wenn ich auf der Gitarre improvisiere, verkette ich Töne zu Tonfolgen. Ich befinde mich dann in einem kreativen Prozess, der völlig ohne Begrifflichkeiten auskommt. Mehr noch, wenn ich wirklich in der Musik aufgehe, ist mein begriffliches Denken ausgeschaltet.
 
Auch bildliche Vorstellungen lassen sich bestens miteinander verketten. Bildliches Denken ist nicht nur bei der Komposition von Gemälden wichtig. Auch mathematische Zusammenhänge lassen sich bildlich oft viel einfacher erfassen als begrifflich – und das nicht nur in der Geometrie.
 
Auch bei wissenschaftlichen Entdeckungen spielt nicht-begriffliches Denken in Form von visuellen Analogien oft eine Rolle. So entdeckte z.B. Friedrich Kekulé die kreisförmige Struktur von Benzol, nachdem er von einer Schlange geträumt hatte, die sich in den Schwanz biss.

Und schließlich noch ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich: Taktisches Denken, z.B. im Sport erfordert Entscheidungen in Sekundenbruchteilen. Ein Fußballer, der solche Entscheidungen erst verbalisieren würde, hätte nicht einmal in der Dorfliga eine Chance.

Begriffliches Denken ist ein wichtiger Bestandteil unserer menschlichen Fähigkeiten. Es ermöglicht eine immense Erweiterung unseres Horizonts. Ein auf das Begriffliche reduziertes Denken würde aber eine Verarmung unseres geistigen Potenzials bedeuten.

Von daher ist es sehr sinnvoll, die Fähigkeit zu trainieren, das begriffliche Denken je nach Bedarf ein- oder auszuschalten. Und ähnlich wie es einem Muskel gut tut, sich immer wieder zu entspannen, so tut es auch dem begrifflichen Denken gut, wenn es nicht andauernd gefordert wird. Auch hier gilt: Weniger ist manchmal mehr.

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