Das Ich, das Selbst, die Welt und der liebe Gott

 

Gerade habe ich eine Diskussion in einer Facebook-Gruppe verfolgt, in der jemand Ideale und Moral ablehnt und das Ich zum ausschließlichen Maßstab des Handelns erklärt.


Die Ablehnung von Idealen und Moral kann ich gut nachvollziehen. Auch ich kann mit diesen Dingen wenig anfangen. Ich denke aber, dass die Orientierung am Ich und am eigenen Willen nichts anderes als ein Ideal ist – und ein gefährliches obendrein.


Was „Ich“ will ist zum großen Teil eine Folge von Konditionierung. Ichs neigen dazu, zu denken, es sei ihr Wille, dass die Hamsterräder, in die sie irgendwann einmal geraten sind, sich immer weiter drehen. Deshalb leben die meisten Menschen weit unter ihren Möglichkeiten, auch – oder gerade – in einer individualistischen Gesellschaft. Um es paradox zu formulieren: Ich bin weit mehr als Ich. Deshalb unterscheiden manche Psychologen zwischen dem Ich und dem Selbst; und Mystiker sprechen von dem göttlichen Funken in uns, den es zu entfachen gilt – indem wir über unser Ich hinauskommen.


Ohnehin beruht die Vorstellung eines Ichs auf dem Glauben an die Existenz voneinander getrennter Entitäten. Aber wir existieren nur in Relation zu der Welt um uns herum, wir sind Knotenpunkte in sozialen und ökologischen Netzen. Deshalb ist der Zustand dieser Netze in unserem ureigensten Interesse. In diesem Sinne ist meine Sache eine sehr umfassende Angelegenheit, die vieles mit einschließt.

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